Am 27. Mai wird das junge Bartgeierweibchen Temperatio, dessen Patenschaft die Stiftung Temperatio übernommen hat, von den Parkwächtern des Parco Nationale dello Stelvio in eine Felsnische des Schludertals hinaufgetragen. Gemeinsam mit den beiden jungen Bartgeierweibchen Zufall und Voltoi wird Temperatio die nächsten Wochen in diesem steilen Tal verbringen, sich in der Kunst des Fliegens üben und lernen, selber Futter zu suchen.
Temperatio's bewegter Start ins Leben
Temperatios Reise ins Schludertal ging eine bewegte Kindheit voran. Geboren wurde sie am 26. Februar 2006 im Natur- und Tierpark Goldau. Mit seinen Zuchttieren, die in einer grossen Volière leben, engagiert er sich für das Wiederansiedlungsprojekt. Temperatio schlüpfte als zweites Jungtier der Brut von Mascha und Hans. Das zweite Ei ist bei Bartgeiern jedoch lediglich eine Art Versicherung: Nur wenn aus dem ersten Ei kein Jungtier schlüpft, wird das zweite Küken aufgezogen. In der Regel hat das Zweitgeborene also kaum Überlebenschancen (mehr dazu hier, s. Stichwort Kainismus). Deshalb wurde Temperatio bis zum Alter von 90 Tagen von einem Ammenpaar in der Eulen- und Greifvogelstation Haringsee aufgezogen.
Flugübungen und ein GPS-Sender am Rücken
Nach der Auswilderung zieht sich Temperatio meist ganz in die kleine Felsgrotte der Aussetzungsnische zurück. Bald beginnt sie mit den Flugübungen. Immer wieder trainiert sie mit heftigen Flügelschlägen ihre Flugmuskulatur. Den Rest des Tages verbringt sie mit Fressen, Gefiederputzen und Dösen.
Am 17. Juni müssen wir den geruhsamen Alltag von Temperatio stören. Mit einem kleinen Satellitensender im Gepäck dringen wir nochmals in die Aussetzungsnische vor. Bevor Temperatio uns entwischt, können wir sie behändigen und den Sender mit einem elastischen Gestältchen anbringen. In Kürze wird Temperatio ihren ersten Flug wagen. Dank dem Sender werden wir sie ein Stück auf ihren künftigen Reisen im Alpenraum begleiten können.